RAF-Fahndungsplakat des BKA, 1972 | Bildquelle: picture alliance/akg-images

Ulrike Meinhof

Von der Journalistin zur Terroristin

Studentin der Geschichtswissenschaft, Pädagogik und Kunstgeschichte, Friedensaktivistin, linke Journalistin, Mutter zweier Kinder, Mitbegründerin der RAF, schließlich Selbstmord in Stammheim: Ein Leben mit dramatischen Wendungen – politisch geprägt, später getrieben von ideologischen Überzeugungen. Zuletzt galt ihr Kampf den eigenen Haftbedingungen in Köln-Ossendorf und Stuttgart-Stammheim.

Am 7. Oktober 1934 wurde Ulrike Marie Meinhof in Oldenburg geboren. Sie wuchs in Oldenburg und Jena auf und studierte ab 1955 in Marburg und Münster. Schon zu Studienzeiten engagierte sie sich politisch, wurde Mitglied im »Sozialistischen Deutschen Studentenbund« (SDS), später trat sie der illegalen KPD bei. 

Maßgeblich politisch geprägt wurde Meinhof durch die Studentenproteste der Jahre 1967 und 1968. Sie kämpfte gegen atomare Aufrüstung, gegen die Springer-Presse, gegen das militärische Engagement der USA in Vietnam. Ihre Kolumnen von 1959 bis 1969 in der »konkret«, deren Chefredakteurin sie seit 1960 war, spiegelten die Positionen der Linken, aber auch Meinhofs Radikalisierung wider. Ihre Ehe mit dem »konkret«-Herausgeber Klaus Rainer Röhl, mit dem sie Zwillingstöchter bekam, wurde 1968 geschieden. Sie ging mit den Töchtern nach Berlin, ihr bürgerliches Leben ließ sie immer weiter hinter sich.

1970 erlangte Meinhof breite Aufmerksamkeit, als sie sich in Berlin an der gewaltsamen Befreiung von Andreas Baader beteiligte, der wegen Brandstiftung im Gefängnis einsaß. Bei der Aktion im Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen wurden Beamte und Angestellte verletzt, in einem Fall lebensgefährlich. Meinhofs Konterfei war am nächsten Tag auf allen Fahndungsplakaten der Stadt. In der Folge ging sie in den Untergrund und propagierte den »bewaffneten Kampf«. Bis zu ihrer Festnahme im Juni 1972 war sie an Anschlägen und Überfällen der RAF mit Toten und Verletzten beteiligt.

Meinhof wurde in der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf unter besonders strengen Haftbedingungen inhaftiert, im Dezember 1974 dann in den Hochsicherheitstrakt nach Stuttgart-Stammheim verlegt. Die Haftbedingungen der RAF-Mitglieder wurden oft kritisiert und als inhuman bezeichnet, unter anderem die Einzelhaft (vom RAF-Umfeld gerne als »Isolationsfolter« bezeichnet) oder die Zwangsernährung während Hungerstreiks.

»Der mysteriöse Tod von Ulrike Meinhof ist ein Glied in der Kette der Gefängnisskandale und in unserem Land.«

Eberhard Weber, 1976

Am Morgen des 9. Mai 1976 fanden Beamte der Justizvollzugsanstalt Stammheim Ulrike Meinhof leblos am Fenstergitter ihrer Zelle 719. »Selbstmord durch Erhängen« lauteten die Schlagzeilen. Der Tod der damals 41-jährigen wurde in linken Kreisen häufig als Mord durch die Justiz bezeichnet und zu propagandistischen Zwecken genutzt. Auch die Selbstmordthese wurde immer wieder in Zweifel gezogen. 

Eberhard Weber (Pressesprecher des DKP-Parteivorstandes) in der »Aktuellen Kamera« zum Tod von Ulrike Meinhof. 12.05.1976 (ID 249478)

Die Haftbedingungen in deutschen Gefängnissen kritisierte auch Eberhard Weber, der zum Vorstand der DKP gehörte, am 12. Mai 1976 in der »Aktuellen Kamera« anlässlich des Todes von Ulrike Meinhof. Dabei kontrastierte er die »milde Behandlung von Nazi-Kriegsverbrechern vor bundesdeutschen Gerichten« mit den Haftbedingungen für linksgerichtete »Anarchisten«, die psychisch zermürbt und in den Selbstmord getrieben würden. Die Tatsache, dass ehemalige Nationalsozialisten in hohen Ämtern der BRD fungieren (konnten), sah er als eine Ursache für die Gefängnisskandale. Thematiken, die auch die RAF aufgegriffen hatte.

Marie Birster

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