Foto: Lufthansa
Eröffnung des innerdeutschen Linienflugverkehrs
1989, 40 Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik und der DDR und wenige Monate vor Öffnung der Grenzen, wurde der regelmäßige Linienflugverkehr zwischen beiden Ländern eingeführt. Davor, seit 1984, gab es lediglich einen Messeflugverkehr zur Leipziger Messe im Frühjahr und Herbst. Langwierige Verhandlungen der Bundesregierung mit der Regierung der DDR sowie dem Berliner Senat und den West-Alliierten waren vorausgegangen.
Am 10. August 1989 um 10.30 Uhr landete eine Boeing 737 der Lufthansa aus Frankfurt am Main auf dem Flughafen Leipzig-Schkeuditz. An Bord – neben Managern westdeutscher Unternehmen – rund 50 Pressevertreter. In der damaligen Bundesrepublik galt die Aufnahme des Linienflugverkehrs als kleine Sensation. Einen Tag später nahm die Interflug, die Fluggesellschaft der DDR, die Verbindung zwischen Leipzig und Düsseldorf auf – mit einer russischen Maschine vom Typ Iljuschin 62 M.
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Beide Fluglinien passierten nicht die deutsch-deutsche Grenze, sondern flogen eine Schleife über die Tschechoslowakei. Den Fluglinien war es verboten, die militärische Kontrollzone an der gemeinsamen Grenze zu überfliegen. Die Flugstrecke von Frankfurt nach Leipzig führte daher über Bamberg, Bayreuth, Pilsen, Prag und Dresden und verlängerte sich von 310 auf 700 Kilometer (siehe Karte).
In den Medien der DDR wurde das Ereignis eher als Randnotiz vermerkt: Die Hörfunksender der DDR brachten nur Kurznachrichten zur Aufnahme des innerdeutschen Linienflugverkehrs. Die Nachrichtensendung des DDR-Fernsehens, die »Aktuelle Kamera«, berichtete darüber am 10. und 11. August mit zwei Dokumentarbeiträgen. Der Linienbetrieb wurde als »Ausweitung des Messeflugverkehrs« bezeichnet.
Eine internationale Pressekonferenz am 10. August 1989 in Leipzig zeigte die unterschiedlichen Sichtweisen beider Länder: Der Vorstandsvorsitzende der Lufthansa, Heinz Ruhnau, wertete die Eröffnung als großen Erfolg für den innerdeutschen Linienflugverkehr und verband dies mit der Erwartung einer Erleichterung und Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Staaten. Klaus Henkes, stellvertretender Verkehrsminister der DDR und Generaldirektor der Interflug, bezeichnete die Aufnahme des deutsch-deutschen Linienverkehrs als »Ausdruck des Bemühens der DDR um gutnachbarliche Beziehungen« mit der Bundesrepublik.
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Während die Aufnahme des regelmäßgen Linienflugverkehrs feierlich zelebriert wurde, ahnte wohl kaum jemand – trotz sich anbahnender Proteste und einer Vielzahl an Ausreiseanträgen – wie nah das Ende der DDR schon war. Der Sommer 1989 war von einer Ausreisewelle geprägt, nachdem Ungarn im Mai desselben Jahres damit begonnen hatte, seine Grenzbefestigungen zu Österreich abzubauen. Insgesamt flüchteten im August 20.955 DDR-Bürger in den Westen, 12.812 DDR-Bürger durften mit Genehmigung ausreisen (Quelle: chronik-der-mauer.de).
Für reisewillige Bürgerinnen und Bürger der DDR brachte die Aufnahme des Linienverkehrs allerdings keine Erleichterung: Um ins Ausland reisen zu dürfen, benötigten sie eine staatliche Erlaubnis, die nur in Sonderfällen erteilt wurde. Ausnahmen gab es nur für Rentner. In sehr dringenden Familienangelegenheiten durften Verwandte ersten Grades in der Bundesrepublik und Westberlin besucht werden, wobei Ehepaare oder ganze Familien nicht zusammen reisen durften.
Claudia Hunold
Quellen zum Text Chronik der Mauer