»Gut Aufgelegt« | Bildquelle: DRA/Waltraut Denger (1870640)

Das Fernsehprogramm nach der Grenzschließung

»Jetzt schlägt's 13!« – Eine Show zur Grenzschließung

Unterhaltungssendungen

In der Woche des Mauerbaus wurden zahlreiche Sendungen im DDR-Fernsehen unangekündigt in das Fernsehprogramm aufgenommen, andere dafür gestrichen. Die Unterhaltungssparte gehörte zu den Gewinnern der Umplanungen: es wurden mehr Sendungen ausgestrahlt als angekündigt. Höhepunkt bildete eine Live-Show mit großer Prominenz zur »Feier« der aktuellen Ereignisse.

Zwar war die Anerkennung des Unterhaltungsprogramms seitens der Verantwortlichen in den ersten Jahren des DDR-Fernsehens nicht groß, die Fernsehzuschauer erwarteten solche Programmangebote aber zunehmend. Unterhaltungsendungen hatten in der DDR jedoch stets einen politischen Auftrag. Die Alltagswelt der Fernsehzuschauer sollte sich in den heiteren Programmsparten widerspiegeln. Auch der Bildungs- und Erziehungsauftrag des Fernsehens fand hier seinen Niederschlag.

Ein Beispiel für den Umgang mit diesem »politischen Bildungsauftrag« im Unterhaltungsangebot ist die Sendereihe »Jetzt brummerts«, die auch am 14. August 1961 ausgestrahlt wurde: Die »Vier Brummers«, bestehend aus Johannes Frenzel, Eberhard Keyn, Wolfgang Roeder und Erich Weber, präsentierten Sketche und Lieder rund um das Thema Sommerurlaub. Sylvia Schüler ergänzte das Quartett und rief in Liedform zum Verzicht auf Alkohol auf und pries dafür die promillefreien Produkte der DDR-Getränkeindustrie.

Ausschnitt aus der Unterhaltungssendung »Jetzt brummerts« vom 14. August 1961. Das Quartett die "Vier Brummers" bestehend aus Johannes Frenzel, Eberhard Keyn, Wolfgang Roeder und Erich Weber singen mit Sylvia Schüler. (Deutscher Fernsehfunk)

Ab den 1960er Jahren wurden im Unterhaltungsbereich zahlreiche Sendereihen entwickelt, die sich im Vergleich zur Frühphase länger im Programm hielten und eine höhere Professionalität aufwiesen. Im Zentrum der Fernsehunterhaltung stand dabei das Show-Format. Zudem gehörten Sendungen mit Unterhaltungs- und so genannter ernsten Musik zum stetigen Angebot. Es gab Spielsendungen und Formate mit Tanz, Satire, Kabarett und Varieté.

Für die Unterhaltungsprogramme bildeten sich um 1960 feste Sendeplätze. Gleichzeitig wurden die Formate zunehmend strenger kontrolliert. Im Sommer 1961 lagen die Hauptsendeplätze am Vormittag (hierbei handelte es sich an Arbeitstagen häufig um Wiederholungen für Spätarbeiter) und abends zwischen 20 und 22 Uhr.

Gute Stimmung aus dem Fernsehapparat

Am Morgen des 13. Augusts 1961, als der Deutsche Fernsehfunk aufgrund der »Maßnahmen der Regierung« außerplanmäßig sein Programm um 8 Uhr startete, fallen neben einer Sondersendung der »Aktuellen Kamera« die eingeschobenen Unterhaltungsformate ins Auge: das Programm wurde um kurz vor 8 Uhr mit Schlagermusik eröffnet. Nach der »Aktuellen Kamera« wurde die Unterhaltungssendung »Weil ich jung bin… Ein musikalischer Bilderbogen mit Bärbel Wachholz«, produziert im Mai 1961, ins Programm eingeschoben.

Drei weitere Unterhaltungssendungen wurden an dem Tag unangekündigt ausgestrahlt. Die Show »Sprünge, Tricks und Melodien« wurde gleich zwei Mal gesendet. Ein Ausschnitt aus einer älteren Folge der Sendereihe »Gut aufgelegt« bot den Zuschauern um 14:23 Uhr sieben Minuten Schlager als Überbrückung bis zur Originalübertragung von den Deutschen Meisterschaften im Springen und Schwimmen aus Finsterwalde. Um 16:15 Uhr wurde schließlich unangekündigt eine ältere Ausgabe der Sendung »Von Melodie zu Melodie« ausgestrahlt.

Der Tag nach der Grenzschließung ist damit ein Beispiel für ein Charakteristikum des Fernsehprogramms in der folgenden Woche: die kurzfristig ausgedehnte Sendezeit des Fernsehens wurde nicht nur mit aktueller Berichterstattung, sondern auch mit Unterhaltungssendungen gefüllt  – und hier besonders mit sogenannter »leichter Unterhaltung«, wie Sendungen mit Schlagermusik. Es erweckt den Anschein, als wollten die Programmplaner und Redakteure – ebenso wie im Berliner Hörfunkprogramm in dieser Woche – für gute und unbeschwerte Stimmung bei den Fernsehzuschauern sorgen. Dieses »beschwingte Unterhaltungsprogramm« stand damit rückblickend in einem starken Kontrast zu den aktuellen, politischen Ereignissen des Kalten Krieges.

Mauerbau und Kalter Krieg als Thema

Das Unterhaltungsprogramm des Deutschen Fernsehfunks konnte mit ihren satirischen und Kabarettformaten zeitnah auf die aktuellen politischen Ereignisse reagieren. So wurde am 14. August um 19 Uhr vor dem Start der Reihe »Sport und Musik« bereits eine kurze Kabarettsendung eingeschoben, die sich auf die aktuellen Ereignisse des Vortages bezog. Die drei mitwirkenden Kleinkunstdarsteller stellten satirisch in drei Szenerien die Auswirkungen des Mauerbaus für Wechselstubenbesitzer im Westen dar.

Zwei Tage später lief am späten Vormittag die Sendung »Sympathien durch Infamien. Ein satirischer Fernsehbilderbogen« über die Mattscheibe. Nach dem Wortlaut des politisch motivierten Beitrags: »Eine freie Werbesendung der freien Wirtschaft im freien Berlin. Sämtliche vorhandenen Personen und Ereignisse brauchten nicht erfunden zu werden. Entstehende Ähnlichkeiten sind nicht zufällig.«

Eine Show zur Feier der Grenzsicherung

Der 19. August stand als Höhepunkt des Unterhaltungsprogramms in dieser Woche ganz im Zeichen der Unterhaltungsshow und feierte die »Grenzsicherung«. Eigentlich war die Sendung »Rendezvous in Prag« vorgesehen, die »50 beschwingte Minuten mit Musik und Ballett« von den Ledeburger Terrassen versprach. Aus aktuellem Anlass wurde jedoch ein großes Wunschkonzert für alle Angehörigen der bewaffneten Organe der DDR unter dem Titel »Jetzt schlägt’s 13!« produziert.

Zahlreiche bekannte Künstler wie Heinz Quermann, Gerhard Frei, Peter Gugalow, Bärbel Wachholz, Julia Axen, Peter Wieland, Eva-Maria Hagen und Werner Lierck erfüllten in der Live-Show Liederwünsche der Soldaten. Über zwei Konferenzschaltungen bestand während der Sendung Verbindung zu Einheiten in der Ostberliner Ifflandstraße und der Leipziger Straße. Das DDR-Fernsehen selbst und die Kritiker in den Medien des Landes lobten diesen »Schnellschuss« einhellig.

Alexandra Luther

Literatur

  • Schubert, Markus; Stiehler, Hans-Jörg: Programmentwicklung im DDR-Fernsehen zwischen 1953 und 1963. Programmstrukturanalytische Betrachtungen zu den Anfängen des DDR-Fernsehens. In: Dittmar, Claudia; Susanne Vollberg (Hrsg.): Zwischen Experiment und Etablierung. Die Programmentwicklung des DDR-Fernsehens 1958 bis 1963 (MAZ 26), Leipzig 2007, S. 25-63.
  • Steinmetz, Rüdiger; Viehoff, Reinhold (Hrsg.): Deutsches Fernsehen Ost. Eine Programmgeschichte des DDR-Fernsehens, Berlin 2008.
  • Hoff, Peter: Auf dem Weg zum Massenmedium – Der Ausbau des DDR-Fernsehens von 1956 bis 1961. In: Hickethier, Knut: Geschichte des deut-schen Fernsehens, Stuttgart/Weimar 1998, S. 181-197.
  • Hoff, Peter: Von „Da lacht der Bär“ über „Ein Kessel Buntes“ – ins „Aus“. Politische Geschichte der DDR in Unterhaltungssendungen des DDR-Fernsehens. In: Riedel, Heide (Hrsg.): Mit uns zieht die neue Zeit… 40 Jahre DDR-Medien, Berlin 1993, S.  86-94.
  • Staatliche Zentralverwaltung für Statistik (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch der Deutschen Demokratischen Republik 1963, Staatsverlag der Deutschen Demo-kratischen Republik 1963.
  • Ulbricht, Walter: Fragen der Entwicklung der sozialistischen Literatur und Kultur. In: Ulbricht, Walter: Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Aus Reden und Aufsätzen. Band VIII: 1959-1960, Berlin 1965, S. 179-204.