Sprecher im Studio der »Aktuellen Kamera« | Bildquelle: DRA/Klaus Winkler

Rundfunk der DDR im Jahr 1961

Das Programm des Deutschen Fernsehfunks

Im Sommer des Mauerbaus befand sich das DDR-Fernsehen im fünften Jahr seines regulären Sendebetriebs. Es war damit noch immer ein neues Medium mit begrenzter Reichweite. Das »Ost-Fernsehen« hatte aber bereits ein recht festes und umfangreiches Wochenprogramm entwickelt – und befand sich seit seinem Sendestart in ideologischer Konkurrenz zum »West-Fernsehen«. 

Laut statistischem Jahrbuch der DDR sendete der Deutsche Fernsehfunk (DFF) 1961 insgesamt 3.259 Stunden Programm. 659 Stunden entfielen davon auf die Aktuelle Politik, 385 auf Unterhaltung und Musik, 306 Stunden auf Kinder- und 61 auf Jugendprogramme. 442 Stunden Sport wurden ausgestrahlt und 494 Stunden Spiel- und Dokumentarfilme. Die »Dramatische Kunst« war mit 433 Stunden vertreten. Diese Stunden wurden mit dem Programmangebot der gleichnamigen Hauptabteilung gefüllt, die für das Fernsehspiel, die Kulturpolitik und Theatersendungen zuständig war. 1961 kam das DDR-Fernsehen ausgehend von den 3.259 Programmstunden somit im Jahr auf etwa 63 Sendestunden pro Woche und damit auf neun Stunden Programm am Tag.

Seit Beginn des regulären Sendebetriebs des Deutschen Fernsehfunks am 3. Januar 1956 (das öffentliche Versuchsprogramm startete am 21. Dezember 1952) wurde das Programm stetig ausgebaut. 1956 kam der DFF auf 1.138 Sendestunden, im Jahr 1961 mit 3.259 Stunden fast auf die dreifache Menge. Diese Ausdehnung des Programms gelang durch eine wachsende Eigenproduktion, aber auch zum Beispiel durch die Gründung der osteuropäischen Intervision 1960, dem Gegenstück zur Eurovision im Westen, die es einfacher werden ließ, Produktionen anderer Länder ins Programm aufzunehmen. Aber das Programm wurde nicht nur umfangreicher, das Fernsehen professionalisierte sich zu Anfang der 1960er Jahre auch zusehends und die Programmstruktur im Wochenablauf verfestigte sich.

Programmstruktur des DDR-Fernsehens 1961

Wochentags begann das Fernsehprogramm um 10 Uhr mit der Wiederholung der Nachrichtensendung »Aktuelle Kamera« vom Vortrag und sonntags mit einer Kindersendung. Die Wiederholungssendungen am Vormittag richteten sich an Spätarbeiter, die die abendliche Sendung verpasst hatten. Wochentags liefen im Anschluss, meist in der Mittagszeit bzw. am frühen Nachmittag, außerhalb des regulären Programms ausgestrahlte Testsendungen und Filmprogramme für die Industrie und den Handel.

Nachmittags begann das Fernsehprogramm in der Woche um 16 Uhr mit dem Kinderfernsehen. Um 18:55 Uhr begleitete die Sendung »Unser Sandmännchen« die Kinder ins Bett. Seit der Programmreform vom 1. Oktober 1960 lief um 19:30 Uhr die dreißigminütige Hauptausgabe der Nachrichtensendung »Aktuelle Kamera«. Das Hauptabendprogramm begann in der DDR dadurch bereits um 20 Uhr – 15 Minuten früher als in der Bundesrepublik. Die Verantwortlichen erhofften sich, die Zuschauer mit einem attraktiven Abendprogramm von einem Umschalten auf die »ARD-Tagesschau« abzuhalten.

Montags brachte das DDR-Fernsehen nach den Nachrichten den in Ost und West beliebten »Montagsfilm«. Dieser Programmplatz war in der Hoffnung gewählt worden, dass die Zuschauer dieses alten Films auch die anschließende Propagandasendung »Der schwarze Kanal« ansahen. Die als Magazin angelegte Sendung von und mit Karl-Eduard von Schnitzler kam am 21. März 1960 ins Programm und war als polemische Konterpropaganda angelegt. Sie sollte die Verlogenheit der westlichen Politik am Beispiel des westdeutschen Fernsehens aufzeigen. Ursprünglich war die Sendung zur ideologischen Beeinflussung der BRD-Bürger in das Programm aufgenommen worden. Bald zielte sie aber mehr auf die eigene Bevölkerung, um die politisch unerwünschten Einflüsse des Westfernsehens zurückzudrängen.

Dienstags vormittags wurde »Der schwarze Kanal« für die Schichtarbeiter wiederholt. Das Abendprogramm des Tages bot den Zuschauern ein eigenproduziertes Fernsehspiel. Der Mittwochabend widmete sich oft dem Sport, aber es wurden auch Magazine, Reportagen und Unterhaltungssendungen ausgestrahlt, wie die beliebte Sendung »Rumpelkammer«, in der Willi Schwabe Ausschnitte aus alten Tonfilmen kommentierte. Donnerstags wurden ebenfalls je nach Woche Fernsehspiele, Krimis, Literaturverfilmungen oder Unterhaltungssendungen geboten. Freitagabends lief ein neuer Spielfilm, der samstagvormittags wiederholt wurde.

Da bis Ende 1965 in der DDR samstags noch gearbeitet wurde, war der Samstag der einzige lange Sendetag der Programmwoche. Abends wurden große Unterhaltungs- und Musiksendungen ausgestrahlt. Sonntags wurden eigeninszenierte Theaterklassiker, Übertragungen von Konzerten und von den Bühnen des Landes, besondere Literaturadaptionen, Filme oder Schwänke geboten. Im Sommer 1961 schloss der Programmtag sonntags mit einer Sportsendung. Montags bis freitags beendete meist die Spätausgabe der Aktuellen Kamera das Tagesprogramm.

Alexandra Luther

Literatur

  • Bösenberg, Jost-Arend: Die Aktuelle Kamera. Nachrichten aus einem versunkenen Land. Begleitbuch zur TV-Dokumentation im rbb-Fernsehen, Berlin 2008.
  • Schubert, Markus; Stiehler, Hans-Jörg: Programmentwicklung im DDR-Fernsehen zwischen 1953 und 1963. Programmstrukturanalytische Betrachtungen zu den Anfängen des DDR-Fernsehens. In: Dittmar, Claudia; Susanne Vollberg (Hrsg.): Zwischen Experiment und Etablierung. Die Programmentwicklung des DDR-Fernsehens 1958 bis 1963 (MAZ 26), Leipzig 2007, S. 25-63.
  • Steinmetz, Rüdiger; Viehoff, Reinhold (Hrsg.): Deutsches Fernsehen Ost. Eine Programmgeschichte des DDR-Fernsehens, Berlin 2008.
  • Hoff, Peter: Auf dem Weg zum Massenmedium – Der Ausbau des DDR-Fernsehens von 1956 bis 1961. In: Hickethier, Knut: Geschichte des deutschen Fernsehens, Stuttgart/Weimar 1998, S. 181-197.
  • Staatliche Zentralverwaltung für Statistik (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch der Deutschen Demokratischen Republik 1963, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik 1963.